POSTFAKTISCH

Es gibt ein neues Wort, dem Zeitgeist entsprungen: postfaktisch.
„Nach den Tatsachen“ ist dort, wo die Spekulation beginnt.
„Nach den Tatsachen“ ist dort, wo das Fähnchen im Wind hängt.
„Nach den Tatsachen“ ist dort, wo die Realität nicht mehr ist.
„Postfaktisch“ und „populistisch“ sind Brüder,
im Geiste und in der Kommunikation.
Sie sind Werkzeuge jener, die Macht mehren
und dafür die Massen überzeugen wollen.

Das funktioniert allzu gut in einer Zeit,
die den Menschen mit dem Verlust vieler Werte
und mit der medialen Omnipräsenz der ganzen Welt
überfordert.
Wertigkeiten verrutschen und Präferenzen verschwimmen,
wenn das Unglück der Elenden in der Welt
tagtäglich unser Wohnzimmer stürmt.
Ängste, Wut, Gewalt und Terror
sind heute der Menschen tägliche Begleiter.

Da wird Zuversicht zum wertvollen Gut
und Optimismus Luxus.
Der gesunde Menschenverstand wird unterminiert
von Fakten, Statistiken und Meldungen des Schreckens.
Humanismus ist völlig aus der Mode,
nur noch ein kaum bekanntes, inhaltsloses Fremdwort.
Es wächst die Sehnsucht nach einer heilen Welt,
nach Frieden und allem was gut ist.

Die Sehnsucht aber ist eine Spielwiese für jene,
die Besserung versprechen und Unmögliches in Aussicht stellen.
Jene, die sich nur in Überschriften äußern,
ohne Rücksicht auf Realität und Machbarkeit,
spekulieren auf die Müdigkeit der Vielen,
Gedanken zu Ende zu denken
und schöne Versprechen zu hinterfragen.

Wer der Schrecken müde geworden ist,
will gerne den Populisten glauben,
denn sie verheißen eine heilere Welt
wenn wir ihnen nur die Führung überlassen.
Schnelle Wege und einfache Lösungen
sind die Versuchungen der Gegenwart.

Doch es ist unser Leben, unsere Gesellschaft,
es wäre fatal, die Verantwortung dafür abzugeben.
Zu Marionetten würden wir,
der Willkür Anderer ausgeliefert.

Deshalb bleibt letztendlich keine Alternative
als selbst zu denken, zu zweifeln, zu hinterfragen.
Es gibt immer einen besseren Weg
als ein Handeln zum Nachteil von Anderen,
als ein Wohlstand auf Kosten Schwächerer.
Nur gemeinsam können wir auf Dauer
unsere Welt lebenswerter machen.