DIE MACHT DER MEDIEN

Die Macht der Medien – nur noch Multiplikatoren des Schreckens?
von Irene Lichtenberg

Unabhängig, neutral und der Wahrheit verpflichtet…
so das Credo seriöser Journalisten.
Unerschrocken, neugierig und unbestechlich:
dem aufmerksamen, kritischen Leser zugetan.

Was früher galt, genügt heute nicht mehr.
In Zeiten des digitalen Nachrichtenstroms
und des omnipräsenten Schlagzeilengewitters
muss dem seriösen Redakteur bewusst sein,
dass er nicht nur der Wahrheit verpflichtet ist,
sondern auch seinem Leser und der Gesellschaft.

Der moderne Mensch kann nicht mehr wählen:
er ist, wo immer er ist, der Berichterstattung ausgeliefert.
Ob wir wollen oder nicht:
überall und zu jeder wachen Stunde des Tages
erzählen uns Schlagzeilen und Bilder
von Katastrophen, von Terror, Gewalt und Tod.

Bisher galt: nur negative Schlagzeilen bringen Leser,
für positive Nachrichten gibt es keinen Markt,
weil nur die Gräuel faszinieren.
So werden Journalisten
zu Multiplikatoren des Schreckens.

Doch wieviel Leid kann ein Mensch ertragen?
Ab wann legt sich der graue Schleier der Depression
über die Erlebniswelt des Alltags?
Ab wann siegt die Angst vor dem,
was uns starke Bilder und knackige Schlagzeilen
tagtäglich viel zu nahe bringen?

Ängste schleichen sich ein wie Diebe in der Nacht.
Sie stehlen uns unsere Zuversicht und Gelassenheit.
Sie stehlen uns unsere Vernunft und unsere Toleranz.
Sie ersetzen sie durch Abwehrmechanismen
wie Fremdenhass und rechte Denkweisen.

Ängste sind es, die braune Strukturen stärken
und die Stimme der Vernunft verstummen lassen.
Angst ist das Ergebnis omnipräsenter Katastrophenbilder
und nicht enden wollenden Negativnachrichten,
die die Schrecken dieser Welt
ins heimische Wohnzimmer transportieren.

Ihr Journalisten und Redakteure dieser Welt:
Bitte, seid Euch Eurer Macht bewusst
und noch mehr Eurer Verantwortung:
der Verantwortung gegenüber Euren Lesern,
gegenüber den Betrachtern Eurer Bilder.
Ihr prägt unser Lebensgefühl
genauso wie unsere politische Haltung,
weil niemand mehr sich ihnen entziehen kann.

Wir brauchen eine neue, moderne Ethik:
schafft mehr Ausgleich zwischen positiv und negativ,
die Menschen sehnen sich nach guten Nachrichten,
nach positiven Aspekten einer erschreckend nahen Welt.

Lasst nicht zu, dass Ihr manipuliert werdet
um nur noch nach Negativ-Sensationen
und Auflagezahlen zu schielen.
Angst ermöglicht Kontrolle und Manipulation.

Fühlt Euch dieser Wahrheit verpflichtet:
Die Welt ist kein hoffnungsloser Ort,
es gibt neben den Schatten auch das Licht
und auch gute Nachrichten lohnen sich
verbreitet zu werden. Heute mehr denn je.

Heute lassen sich Medienverweigerer
nur noch mit positiven Zeilen locken.
Schafft Zuversicht und Überblick
für Menschen, die sich interessieren
und besonders für Menschen, denen es egal ist.
Sie sind die, die als erste hinterherlaufen
hinter Schreckensbilder und Horrornachrichten
und hinter Jenen, die viel zu viel versprechen.

Macht Euch nicht zum Werkzeug derer,
die mit Ängsten Menschen kontrollieren
und Gesellschaften beherrschen wollen.
Lenkt das Auge auch auf Positives,
damit die Menschen nicht verzagen müssen.

Werdet zu Bewahrern des gesunden Menschenverstands,
zu Verteidigern des pluralistischen Gedankens
und zu Kämpfern für die Freiheit des Denkens.
DANKE.